Willkommen bei den „Schotten“!

Dem Lebensort von Mönchen, die einen Ruf Gottes gehört haben, sich von ihm angesprochen wissen und bereit sind, Christus nachzufolgen. Ihre Ordensregel legt ihnen die Frage vor: „Wer ist der Mensch, der Lust hat am Leben, der Tage sich wünscht, um Gutes zu sehen?“ Ihre Antwort: „Ja, Herr, ich bin es, hier bin ich.“

Tischuhr von Josephus Jans – eine technische Preziose für unterwegs

Josephus Jans (1680-1760) war ein Kleinuhrmacher in Passau. Kleinuhrmacher stellten ausschließlich tragbare Uhren her – das heißt Taschen- und Reiseuhren. Die Uhr des Schottenstifts gehört in die zweite Kategorie. Typisch für Reiseuhren sind die Weckfunktion, die Repetiermöglichkeit und das lederne Etui – letzteres im konkreten Fall mit einem prachtvollen Samt im Inneren.

Die Bezeichnung „Tischuhr“ kommt nicht von der Möglichkeit, solche Uhren auf Tische zu stellen. Die Bezeichnung charakterisiert vielmehr den Aufbau. Die Zifferblätter von Tischuhren sind horizontal angeordnet wie eine Tischplatte. Man schaut von oben auf sie herab.

Für die Datierung ist der gravierte Akanthus im Inneren der Uhr hilfreich. Seine Form lässt auf eine Entstehung um 1700/10 schließen. Die Uhr hat ein sechseckiges, feuervergoldetes Gehäuse aus Messing, das auf drei gedrehten Füßen steht. Die Seitenwände sind durch kleine Fenster durchbrochen, durch die man von allen Seiten ins Innere der Uhr blicken kann.

Die Uhr hat keinen Stundenschlag, aber eine Repetiermöglichkeit. Die Repetition wird ausgelöst, indem man den kleinen, oberhalb der zwölften Stunde vom Gehäuse wegstehenden Druckknopf zum Gehäuse drückt. Durch diese Bewegung wird eine Feder gespannt, die die Repetition antreibt. Ungewöhnlich ist, dass unsere Uhr nicht nur die Viertelstunden, sondern auch die Achtelstunden repetiert. Die Repetition wird auf eine Silberglocke geschlagen, die auf der Unterseite der Uhr montiert ist. Ein zweiter, doppelseitiger Hammer bedient auf derselben Glocke den Wecker. Die Weckzeit wird mit der kleinen Messingscheibe im Zentrum des Ziffernblattes eingestellt. Der die Weckzeit angebende Zeiger steht fest; die Scheibe hingegen lässt sich drehen. Zum Drehen steckt man das dornförmige Ende des Schlüssels in eines der vier Löcher der Messingscheibe.

Auch wenn Uhren wie die des Schottenstifts ohne Zweifel in Gebrauch standen, hat man den Eindruck, dass sie nicht nur wegen ihres Gebrauchswerts geschätzt wurden. Unsere Uhr wirkt ja fast wie ein Spielzeug für technikaffine Kenner. Solche haben an der Ausführung und an Details wie den Sichtfenstern eine Freude. Was die Verzierungen betrifft, ist der Aufwand interessanterweise am größten an einer Stelle, die man erst sieht, wenn man die Uhr öffnet: auf der Unterseite des Uhrwerks, wo das „Herz“ der Uhr, die Unruhe, arbeitet. Die Signatur ist kaum zufällig neben dem „Herzen“ angebracht.

Die Uhr ist ausgezeichnet erhalten. Selbst die Antriebsfeder ist eine alte, handgeschmiedete Feder. Herr Ramsauer (Fa. Kalivoda), der die Uhr restauriert hat, musste bloß die Einzelteile reinigen. Dann ging die Uhr wieder wie vor 300 Jahren.

P. Augustinus Zeman

Fotos: 1-9, 12 P. Christoph Merth. – 10, 11 Michael Ramsauer.
Literatur zu Josephus Jans: Jürgen Abeler, Meister der Uhrmacherkunst, Wuppertal 2010,  S. 271.

 

 

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