

Die „Totenmitra“ aus der Zeit um 1600
Das älteste Stück der Paramentenkammer stammt aus der Zeit um 1600: eine Mitra aus schwarzem Samt mit reicher Stickerei und Steinbesatz. Die Farbe Schwarz fand in der Totenliturgie Verwendung (heute können fakultativ Weiß, Schwarz oder Violett verwendet werden). Schwarze Mitren sind äußerst selten, ja es ist die Frage, ob unsere Mitra nicht überhaupt ein Unikat darstellt.
Auf den sog. Hörnern (den beiden spitz zulaufenden Feldern der Mitra) ist je ein Medaillon mit dem Christus- bzw. Marienmonogramm dargestellt. Die Medaillons werden von Knochenmännern gehalten, in deren Augenhöhlen sich Schlangen winden. Oberhalb der Schädel Sanduhren als Zeichen der Vergänglichkeit. Besonders qualitätvoll ist die Ornamentik: Ihre Detailformen (die sich in Schlingen hinziehenden Linien an der Borte, die Rahmungen der Monogramme) zeigen Stilmerkmale aus dem Übergang von Renaissance und Barock; sie geben also einen wichtigen Datierungshinweis.
In der Kombination von schwarzem Samt und silberfarbenen Stickereien, in den Gerippen und den feierlich wirkenden Monogrammen vermittelt die Mitra einen Eindruck düsterer Pracht. In ihrer feingliedrigen Ornamentik ist sie gleichzeitig von berührender Fragilität. Ohne Zweifel darf sie zu den bedeutendsten liturgischen Insignien ihrer Zeit gezählt werden.
Wie viele historische Textilien befindet sich auch die schwarze Schotten-Mitra in einem prekären Erhaltungszustand, der eine Präsentation von länger als etwa vier Wochen ausschließt. Um die Substanz im status quo zu erhalten, wurde die Mitra Ende September 2009 von den Textilrestauratorinnen Marie Louise Aehrenthal und Sandra Schwab konserviert. Von 14.11. bis 19.12. 2009 war sie im Museum des Schottenstifts ausgestellt.
Fr. Augustinus Zeman OSB
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